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Gitarrenverstärker: Übersteuern 2. Stufe möglich?
#1
Hallo in die Runde,

eine grundsätzliche (und wohl typische Anfänger-) Frage:

ist es überhaupt möglich, einen Gitarrenvorverstärker mit ECC83 in der Vorstufe so zu konstruieren, dass bereits die zweite Stufe stark oder zumindest deutlich übersteuert wird? Oder benötige ich dazu auf jeden Fall eine zusätzliche Verstärkerstufe?

Zielgerät ist ein modifizierter Epiphone Valve Junior, den ich zum Üben und als Spielwiese für Modifikationen verwende. Das Gerät besitzt Volumen-Potis zwischen beiden Stufen, und natürlich geht es darum, leise verzerrt spielen zu können.

THX

Beate
 
#2
Ha... das ist ne Frage, die ich wieder beantworten können müsste. Big Grin

Möglich ist das. Selbst wenn es bei normaler Beschaltung und Vermeidung aller Gegenkopplungen nicht reichen sollte, so haben wir ja noch das Mittel der Rückkopplung. Besonders bei zwei Stufen sehr leicht realisierbar.

In unserem RIAA-Thread haben wir so ein Prinzip (der Altvorderen) gezeigt:

[Bild: 1_riaa12.png]

(Lass Dich bitte von dem TA-Ersatzschaltbild und dem RIAA-Netzwerk nicht irritieren.)

Dort reichte die Verstärkung auch nicht für die RIAA-Entzerrung. Erst die Rückkopplung von der Katode der zweiten auf die Kathode der ersten Stufe hat die Schaltung entfesselt.


Wollen wir so einen Verzerrer mal schnell zusammen entwickeln?
 
#3
Mhmm, Rückkopplung - gute Idee.

Zwischen den beiden Stufen befindet sich noch ein Lautstärkepoti und ein Klangregel-Netzwerk.

https://stromrichter.org/d-amp/content/i...9_VJ_B.pdf

Das Gerät besitzt eine "Bass-Modus" mit Gegenkopplung der Endstufe und einen nicht gegengekoppelten "Gitarren-Modus", in dem der Katodenwiderstand der zweiten Stufe verkleinert wurde.

In dem Schaltplan fehlt das Master-Poti vor der EL84. Deren Gridstopper habe ich auf 100 k vergrößert.

Letzte Nacht habe ich die Anodenwiderstände an den ECC83-Systemen auf 320 k vergrößert, um maximale Verstärkung herauszukitzeln. Folge: der Verstärker ist noch cleaner als vorher.

Im Clean-Modus (als Bassverstärker) gefällt mir das sehr gut. Aber für Universellen Einsatz werde ich als allernächstes den umgekehrten Fall eines kleinen Anodenwiderstands an der zweiten Stufe testen. Wegen des kleinen Katodenwiderstandes der Stufe muß ich prüfen, ob ich da nicht mit der zulässigen Maximalleistung der Röhre in Konflikt komme. Weil bei Ra=100k gerade eben ein leichtes Crunchen erreicht werden kann, wäre eine Verkleinerung zumindest als Experiment interessant.

Ein (schaltbare) Rückkopplung ist eine prima Idee. Sie müsste allerdings lokal nur an Stufe zwei wirken, nicht wahr? Das wäre dann eine Rückführung von der Katode aufs Gitter der Röhre. Würde die Schleifenverstärkung (die ist doch <1, nicht wahr?) dazu reichen?

Beate
 
#4
Zitat:Original geschrieben von Beate
Ein (schaltbare) Rückkopplung ist eine prima Idee. Sie müsste allerdings lokal nur an Stufe zwei wirken, nicht wahr?

Ich würde einfach mal wild versuchen, ob eine RC-Reihenschaltung zwischen der Katode der zweiten und der Katode der ersten Stufe nicht schon einen netten Effekt bringt.

Widerstand so im Bereich 10k bis runter auf 1k und Kondensator 100nF. Kondi muss sein, damit die Ruheströme sich nicht verändern. Wenn Du den Kondi kleiner machst, so zerrt die Kiste "schriller".

Sei aber vorsichtig. Wenn Du das RC-Glied zu niederohmig machst, dann setzen Schwingungen ein, die den Speaker und AÜ gefährden. Ich würde daher C2 erstmal entfernen, damit die Endstufe abgeworfen ist. Und dann die Vorstufen mit nem Oszi checken.
 
#5
Zitat:Original geschrieben von Beate

In dem Schaltplan fehlt das Master-Poti vor der EL84. Deren Gridstopper habe ich auf 100 k vergrößert.
Beate

Hast du also R5 durch ein Poti ersetzt,aber warum dann R15 vergroessern?
Nur schnell noch....ohh.....hmm.....shit......na egal!
Nicht alles was funktioniert sollte es auch.
 
#6
Bei weit aufgedrehtem Poti bzw. ohne Master-Volume gab es Probleme mit blocking distortion. Der große Wert des Grid-Stoppers ist eine Maßnahme dagegen.

Beate
 
#7
Hallo Beate
Der Klangregler zwischen den Stufen schwächt das Signal ab.
Je nach Einstellung verursacht er irgendwelche Phasendrehungen -
das kann Stabilätsprobleme bringen bei einer Über-Alles-weRückkopplug.
Falls "blocking distortion" kurzeitiges Verschlucken von Tönen meint,
ist die Ursache am Gitter der 2.Stufe zu vermuten:
Bei größeren Signalamplituden beginnt das Gitter zu leiten auf den pos Halbwellen, neg sperrt es weiterhin. Die daraus resultierende, asymmetrische Eingangsimpedanz, führt zu Umladeerscheinungen des Koppelkondensators und dynamischen Arbeitspunktverschiebungen der zweiten Stufe.
Dieser Effekt tritt immer dann besonders störend in Erscheinung, wenn man bei voll aufgezogener Verstärkung versucht dynamisch zu spielen.
...mit der Lizenz zum Löten!
 
#8
Die Blocking Distortion trat eindeutig am Gitter der EL84 auf. Gerade mit dem Master-Vol-Poti konnte man das sicher eingrenzen.
Ansonsten war es genau der Effekt, den Du beschrieben hattest.
Ich hatte deshalb die Koppelkondensatoren wieder verkleinert, den Gitterableitwiderstand und letztlich auch den Gridstopper der EL84 angepasst. Danach war das Problem weg.

Ich mag allerdings nicht ganz ausschließen, dass auch am Gitter von V2 noch etwas passiert. Gemessen habe ich nicht, doch im Sound fällt bei voll aufgezogenem Volumen- und klein eingestelltem Master-Poti nichts auf.

Die Klangregelung dämpft das Signal um etwa 7 dB.
 
#9
Btw, mit Verzerrerschaltungen beschäftige ich mich schon recht lange.
Witzigerweise hatte ich auch letztlich "blocking distortion" entdeckt an meinem selbstentwickelten Batterieamp. Auch wenn alles "auf Sand gebaut ist", so ist das Wirkungsprinzip nicht anders als bei Deiner Röhrenschaltung: Koppelkondensator auf nichtlinearen Eingang pumpt bei größerer Aussteuerung. Mit dem Scope zeigen sich (DC-Kopplung!) Verschiebungen der Grundlinie bei starken Verzerrungsgraden und perkussiver Spielweise. Durch Symmetrierung des entsprechenden Einganges (Antiparalleldioden) konnte ich das Problem beheben.
Was durch Messungen und Hörtest bestätigt werden konnte.
...mit der Lizenz zum Löten!
 
#10
Sodele,

gerade eben habe ich R4 zu 47 verändert. Tatsächlich kann ich jetzt V2 deutlich hörbar verzerren lassen, und das ohne die Nachbarn aus dem Schlaf zu reißen. Fein.

Nächster Schritt: doch wieder ein Katoden-C an V2? Dieser hätte m.E. folgenden Effekt: die Stromgegenkopplung des Nutzsignals entfiele. D.h., die Röhre würde auf jeden Fall etwas stärker verzerren. Weil zusätzlich noch die Verstärkung ansteigt, aber der maximal mögliche Spannungshub unverändert bleibt, müsste man V2 doch ein Stückchen weiter in die Sättigung bringen können, nicht wahr?

Der übernächste Schritt wäre dann tatsächlich, mit einer lokalen Rückkopplung zu experimentieren. Nicht der nächste, weil das auch mechanische Eingriffe mit sich brächte: ohne einen zusätzlichen Schalter wird das wohl nicht gehen. mal drüber schlafen.

Also dann Gute Nacht!

Beate
 
#11
Zitat:Original geschrieben von Beate
Nächster Schritt: doch wieder ein Katoden-C an V2?

Ich vermute, dass Du damit die zweite Stufe meinst.

Wenn Du da einen Katoden-C einsetzt, so wird die Gegenkopplung vom Ausgang her kurzgeschlossen. Man müsste also da schon etwas mehr rumfummeln, wenn man das vermeiden will.
 
#12
Da hast Du natürlich Recht. Aber sie ist ja ohnehin schaltbar, und wenn sie abgeschaltet ist, wird dem Katodenwiderstand ein Widerstand parallel geschaltet. Diesem Widerstand noch einen parallelen Kondensator zu spendieren, dürfte einfach sein.
 
#13
Es ist übrigens interessant, wie sich diese Änderungen auf den Sound auswirkten. Mit den beiden großen Anodenwiderständen war der Klang sehr transparent, besonders bei aktivierter Gegenkopplung - bestimmt interessant für Leute, die einen "drahtigen" Basston schätzen. Jetzt mit dem kleinen Anodenwiderstand klingt der Verstärker viel "fetter". Nicht überraschend ändert sich die Charakteristik aber deutlich mit der Einstellung des Master-Volumens, das sich ja in der GK-Schleife befindet. Je weiter es auf ist (je größer also die Schleifenverstärkung ist), um so durchsichtiger wird der Klang.

Ich hätte nicht gedacht, dass das so viel ausmacht.
 
#14
Du bist in der glücklichen Lage, Dir den Klang Deiner Amps selbst anpassen zu können. Wahrscheinlich der effektivste Weg, zum optimalen Sound zu gelangen.
 
#15
Ich gehe mal davon aus, dass Du das mit Deinem 15-Zöller getestet hast.
Mit verringerter Gegenkopplung geht die Endstufe über in eine Stromquelle.
Diese kompensiert den Impedanzanstieg der Speaker-Schwingspuleninduktivität, ein Effekt, der typischerweise bei 1kHz einsetzt: Die nicht gegengekoppelte Endstufe klingt von daher "klarer", "transparenter"
Das hört man deutlich, und man kann es auch leicht nachmessen.
...mit der Lizenz zum Löten!
 
#16
Was ist eigentlich an dieser Logik falsch?

Zitat:Original geschrieben von Beate
Nächster Schritt: doch wieder ein Katoden-C an V2? Dieser hätte m.E. folgenden Effekt: die Stromgegenkopplung des Nutzsignals entfiele. D.h., die Röhre würde auf jeden Fall etwas stärker verzerren. Weil zusätzlich noch die Verstärkung ansteigt, aber der maximal mögliche Spannungshub unverändert bleibt, müsste man V2 doch ein Stückchen weiter in die Sättigung bringen können, nicht wahr?

 
#17
Zitat:Original geschrieben von Beate

Was ist eigentlich an dieser Logik falsch?

Zitat:Original geschrieben von Beate
Nächster Schritt: doch wieder ein Katoden-C an V2? Dieser hätte m.E. folgenden Effekt: die Stromgegenkopplung des Nutzsignals entfiele. D.h., die Röhre würde auf jeden Fall etwas stärker verzerren. Weil zusätzlich noch die Verstärkung ansteigt, aber der maximal mögliche Spannungshub unverändert bleibt, müsste man V2 doch ein Stückchen weiter in die Sättigung bringen können, nicht wahr?

Ich bin nun nicht der erklärte Tubist, aber das erscheint mir soweit logisch einleuchtend.
...mit der Lizenz zum Löten!
 
#18
Mhmm, das war meine Blödheit. Hab die Pins am Schalter verwechselt. Jetzt gehts in die richtige Richtung

Allerdings muss der Kondensator wieder ab, sobald ich mit der Rückkopplung experimentiere.
 
#19
Noch ne blöde Frage: der Regelbereich des Master-Potis reicht mir nicht aus. Wenn das erste Poti voll auf ist, muss ich das zweite Poti so klein einstellen, dass der Schleifer auf dem Ende der Kohleschicht sitzt (so kommt mir das jedenfalls vor). Der Einstellbereich müßte sich doch dadurch vergrößern lassen, dass ich zwei Spannungsteiler hintereinanderschalte (-> Stereopoti), nicht wahr?
 
#20
Zitat:Original geschrieben von Beate

Noch ne blöde Frage: der Regelbereich des Master-Potis reicht mir nicht aus. Wenn das erste Poti voll auf ist, muss ich das zweite Poti so klein einstellen, dass der Schleifer auf dem Ende der Kohleschicht sitzt (so kommt mir das jedenfalls vor). Der Einstellbereich müßte sich doch dadurch vergrößern lassen, dass ich zwei Spannungsteiler hintereinanderschalte (-> Stereopoti), nicht wahr?

Im Prinzip ja - aber versuchs mal mit einem log Poti, falls Deins bisher linear war
...mit der Lizenz zum Löten!