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Blick in die Schnabeltasse
#21
Diejenigen, die dieses Brimborium veranstalten, haben die Schaltung auch nicht kapiert, mach Dir nichts draus.
Sicher gibt es in der Halbleiterei ähnliche Schaltungen, die SRPP allerdings stammt aus der Röhrentechnik. Ursprünglich entwickelt, um relativ niederohmig breitbandig große Spannungshübe auf niederohmige Übertragungsleitungen anzupassen, z.B. mehrere hundert Volt auf eine 600-Ohm-Leitung für die Sendermodulation in Fernsehsendern.
Die heutige Verwendung in NF-Vorstufen ist hanebüchener Unsinn, da die Stufe gar nicht in SRPP arbeitet. Dort käme man wesentlich weiter, wenn man einfach die beiden Systeme parallel als Katodenbasistufe betreiben würde, oder einen KB-Verstärker mit anschließendem Katodenfolger baute.
 
#22
Dass man mit SRPP "Leistungsstufen" bauen kann, habe ich erklärt. Dass man aber festgestellt hat, dass solche Schaltungen wesentlich klirrfreier arbeiten können als normale Katodenbasisstufen ist der andere Trick der Schaltung. Und genau darum geht es hier.
Der Nachteil bei Röhren ist, dass die beiden Systeme durch die Alterung unterschiedliche Kurven entwickeln können und damit die Klirrkompensation nicht mehr optimal läuft, was bei Halbleitern nicht der Fall ist. Darum macht so eine Schaltung mit Halbleitern noch mehr Sinn.

Generell ist zu sagen, dass mit einer Röhre in Katodenbasis ohne Gegenkopplung kaum ein Klirr (Ausg. 4V Eff) um 0,02% möglich wird, was aber mit der SRPP geht.

Zitat:Die heutige Verwendung in NF-Vorstufen ist hanebüchener Unsinn, da die Stufe gar nicht in SRPP arbeitet.
Das ist natürlich der Unsinn in Reinkultur. Gerade hier wird auf eine Last gearbeitet und das ist die Voraussetzung für SRPP. Diese Last muss nun nicht 600 Ohm sein, das geht bei kleineren Strömen ebenso. Massgebend ist, dass die Schaltung auf ihre Last abgestimmt wird und die Steuerung der oberen Röhre durch den Laststrom erfolgt. Und das ist bei Halbleitern genau so.
 
#23
Hi,

die SRPP macht in NF-Vorstufen m.A.n weniger Sinn, weil die hohen Verstärkungsfaktoren in Line-Stufen nicht benötigt werden, es sei denn vielleicht, daß Trioden mit sehr geringem µ eingesetzt werden wie eine 300B et al. In Phonostufen -wo die Verstärkung benötigt würde- bleibt dagegen die Last nicht konstant. Ich stimme Gerd zu, daß andere Schaltungen in NF-Vorstufen vorteilhafter wären.

jauu
Calvin
 
#24
Man könnte die Last durchaus stabil halten, indem die Unstabilität mit einer zweiten, passiven RC-Kombination nachgebildet wird. Oder man kann sich sowas auch als Mikverstärker vorstellen. Oder beim Phono-Pre als Ausgangsstufe, welche ja auch noch einiges an Verstärkung bringen muss. Oder als Treiber in Endstufen...
Es gibt schon eine Reihe Anwendungen, in welchen eine Verstärkung Sinn macht, verbunden mit geringem Klirr. Und niemand behauptet, dass man an eine SRPP nicht auch eine Gegenkopplung anbringen darf. Man kommt dann zwar mit dem Klirr in Bereiche, die normalerweise nur mit OPV mit riesiger Gegenkopplung zu finden sind. Damit ist der Röhrenklang dahin.

Und logisch gibt es für jedes Problem verschiedene Lösungen, ich erinnere nur mal an den motorbetriebenen Drehko, um eine Spannung zu generieren. Das würde ich auch mit einem Netztrafo lösen...
 
#25
Zitat:Original geschrieben von richi44

Zitat:Die heutige Verwendung in NF-Vorstufen ist hanebüchener Unsinn, da die Stufe gar nicht in SRPP arbeitet.
Das ist natürlich der Unsinn in Reinkultur. Gerade hier wird auf eine Last gearbeitet und das ist die Voraussetzung für SRPP.

Hallo, dann rechne doch mal, wie "sinnvoll" eine Verwendung der SRPP als reine NF-Stufe ist.

Die Last für diesen Fall wird durch den Gitterableitwiderstand der folgenden Stufe gebildet. Dieser ist in der Regel doch größer als 1 oder 3 K. Mit den üblichen Werten, wie man sie in unzähligen Schaltungen sieht, wird sinnvoller SRPP-Betrieb wirkungsvoll verhindert, es bleibt eine KB-Stufe übrig, mit dem oberen system als Ra.

Um gleich noch einem weiteren Vorurteil entgegenzutreten: die Verstärkung einer SRPP liegt bei ca. µ/2. Damit ist jede einfache KB-Stufe besser.

 
#26
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich habe die SRPP nicht erfunden, nicht mal Ricola. Daher habe ich kein persönliches Interesse, die Schaltung zu verteidigen. Es ist auch nie behauptet worden, die Verstärkung sei höher als bei anderen Schaltungen. Es gibt eigentlich zwei gute Gründe für SRPP: Kleiner Ri der Schaltung und geringer Klirr auch bei höheren Pegeln. Nur wenn sowas verlangt wird, macht die Schaltung Sinn. Sie einfach nur werbewirksam einzusetzen ohne den optimalen Abgleich vorzunehmen macht tatsächlich keinen Sinn.

Also, sie ist eine Möglichkeit, ohne oder mit nur geringer Gegenkopplung einen tiefen Klirr hinzubekommen, was auf andere Art nicht so leicht möglich ist. Das ist ihr Hauptvorteil. Und wie gesagt kann sie mit einem recht kleinen Ri auch etwas höhere Lasten treiben. Mehr ist und kann sie nicht. Aber das ist schon mehr, als eine normale Katodenbasis kann. Und genau aus diesem Grund finde ich diese Schaltung interessant. Und mir ging es um die Frage, ob sowas auch mit normalen Transistoren eingesetzt wird, weil mir solche Schaltbilder bisher nicht begegnet waren. Dies wäre nun geklärt und wie erwähnt besteht meinerseits kein Handlungsbedarf mehr.

Dass ich weiter auf dieser Schaltung herum geritten bin liegt daran, dass z.B. die obere Röhre oder der obere Transi als Gyrator angesehen wurde oder als Konstantstromquelle und da ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man die obere Röhre bewusst ansteuert oder sie einfach als Widerstandsersatz betrachtet.
 
#27
Zitat:Original geschrieben von richi44
Generell ist zu sagen, dass mit einer Röhre in Katodenbasis ohne Gegenkopplung kaum ein Klirr (Ausg. 4V Eff) um 0,02% möglich wird, was aber mit der SRPP geht.

Hallo,

das wüßte ich gern etwas genauer. Hast Du ein Dimensionierungsbeispiel?
 
#28
Da kann ich nur den User im Hifi-Forum zitieren, der seinen Vorverstärker mit einer SRPP-Ausgangsstufe ausgerüstet hat.

Aber irgendwie scheint der Gedankengang hinter dieser Schaltung wirklich unbekannt zu sein.

Hier mal eine Kennlinnienschar einer beliebigen Triode.
Ich habe ihr eine Arbeitsgerade verpasst und die entsprechenden Anodenspannungen eingetragen.
[Bild: j24j4qcr.jpg]
Auf der Horizontalen habe ich die resultierenden Abstände eingetragen, die bei einer Gitterspannungsänderung von 20V entstehen.
Wären die Anodenspannungsabstände alle gleich, hätten wir keinen Klirr. Hier ist aber deutlich, dass Klirr entsteht.
Und weiter ist deutlich, dass die Steilheit der einzelnen Kennlinien unterschiedlich ist, was einem differierenden Ri der Röhre entspricht. Je steiler die Kennlinie, desto kleiner ist Ri. Und man sieht, dass die Kennlinie bei höherem Strom steiler ist als bei kleinem Strom.

Im zweiten Bild habe ich dieser Röhre eine dünne Arbeitsgerade verpasst, welche dem Widerstand im ersten Diagramm entspricht. Dies einfach als Richtschnur.
[Bild: z5fsj2dv.jpg]

Nun habe ich die Spannungsabstände überall gleich gewählt und die Linien so verlängert, dass sie sicher einen Kreuzungspunkt auf der Kennlinienschar bilden. Wenn ich diese Kreuzungspunkte miteinander verbinde bekomme ich den unkonstanten Wert für die "Arbeitsgerade".
Erstens ist daraus ersichtlich, dass der Verlauf einer Reziproken der Röhrenkennlinie ähnelt und zweitens kann man sich leicht vorstellen, dass man mit einem entsprechenden Widerstand eine totale Klirrkompensation hin bekommt.

Wenn man also als Ra eine gleichartige Röhre einsetzt und diese entsprechend ansteuert, so ist es loglisch, dass man damit einen solchen Widerstandsverlauf hinbekommen kann.

Der Trick der Ansteuerung ist nun der, dass ohne Last der Strom in der unteren und oberen Röhre immer der Selbe sein muss, weil es ja in einer Serieschaltung nur einen Strom gibt. Damit ist auch der Stromverlauf identisch. Haben wir aber eine Last, so fliesst der Laststrom aus der Serieschaltung ab und folglich macht es Sinn, wenn der Stromverlauf der Röhren gegensinnig ist. Wenn also die untere Röhre Strom zieht, soll die obere sperren und umgekehrt (im Extremfall). Um dies zu erreichen fliesst der Laststrom durch den oberen Rk. Zieht also die untere Röhre Strom und lässt einen Strom aus der Last fliessen, so wird das obere Gitter negativer als die Katode und die Röhre geht in den Sperrbereich. Zieht die untere Röhre keinen Strom, so entsteht am oberen Rk kein Spannungsabfall und somit leitet die obere Röhre.

Man kann sich nun folgendes vorstellen: Je nach Last gibt es einen Punkt, an welchem die obere Röhre einen nahezu konstanten Strom liefert, weil wir das Mittelding zwischen keiner Last (Stromverlauf gleichsinnig) und Last (Stromverlauf gegensinnig) haben. Und es gibt einen Punkt, an welchem die Ansteuerung der oberen Röhre als Folge des Laststroms so optimal ist, dass sich die Kennlinienkrümmungen aufheben, also entsprechend meiner blauen Linie und der konstanten Spannungsabstände.

Ob man nun Rk verändert oder R Last oder mit einem Trimmer den Steueranteil variiert, spielt im Grunde keine Rolle. Tatsache ist, dass dieser Abgleich möglich ist. Und Tatsache ist, dass man mit jeder Trioden-Kennlinienschar den Klirr aufzeigen kann. Und wenn man die gleiche Röhre als gesteuerten Ra einsetzt und den richtigen Punkt erwischt, so ist eine fast 100%ige Klirrkompensation zumindest denkbar. Je genauer die beiden Röhren übereinstimmen, desto besser gelingt diese Kompensation.
 
#29
Jetzt bleibt da aber noch einiges anzufügen:
Der Umstand, dass der Klirr durch einen ideal angepassten Ra (obere Röhre) Null wird, ist ziemlich theoretisch. Ohne Ansteuerung wird jedenfalls der Kennlinienverlauf nicht so werden, dass es funktioniert.
Und zweitens gibt es da die Last.

Wir könnten nun aus der zweiten Grafik die unterschiedlichen Ra jeweils berechnen. Und wir könnten zusätzlich eine Last als Arbeitsgerade einzeichnen. Um nun unter diesen Umständen einen kleinen Klirr zu bekommen, müssen wir davon ausgehen, dass die grüne Ra-Linie anzustreben ist und folglich Ra Röhre aus Ra Last und Ra ideal berechnet werden muss.
Es ist also prinzipiell möglich, sowas zu berechnen. Und wenn man davon ausgeht, dass in unserer Grafik bei Ua 50V folglich 150V Ua an der oberen Röhre stehen, könnten wir die nötige Kennlinie (mit oder ohne Last) daraus ableiten und somit auch die Gitterspannung ablesen, die erforderlich ist. Wir könnten also da einiges berechnen.

Was aber ganz entscheidend ist bleibt die Tatsache, dass die obere Röhre aus I Last (am oberen Rk) gesteuert wird. Es muss also ein I Last fliessen, damit eine Ansteuerung zustande kommt. Wäre per Zufall die Kurve der oberen Röhre so, dass ohne Ansteuerung (nur durch den Durchgriff) der richtige Verlauf entstehen würde, gäbe es keine Notwendigkeit der Ansteuerung. Wenn es aber eine Ansteuerung braucht und diese als Folge des I Last geschieht, so ist dies eine Art von Gegenkopplung. Stimmt I Last nicht, so wird R Rö so verändert, dass I Last passt.

Das bedeutet nun, dass man hinter die SRPP sehr wohl ein Fragezeichen setzen kann und dass sie nicht das Nonplusultra darstellt. Sowas gibt es schlicht nicht. Aber verglichen mit anderen Schaltungen kann man sagen, dass da auf relativ einfache Art eine Klirrarmut zu bekommen ist, die bei anderen Schaltungen mehr Aufwand erfordern.